HOCR Head of the Charles 2016
Da ich einige von Euch doch nur selten gesehen habe in dieser Saison, will ich zum Abschluss berichten, wo ich mich so rumgetrieben habe. Als ich Anfang der Saison dank Katja die Gelegenheit hatte im Achter der Lufthansa bei den Wandsbekern mit zu rudern während unser Steg umgebaut wurde, habe ich nicht lange überlegt - und als deren Plan sich in Luft auflöste mit dem Achter bei der Head of Charles Regatta zu starten, war ich auch schnell dabei.
Zu viert, Stefan Kostrewa (Alania), Ansgar Heinze und André Niederdorf (Lufthansa) und ich haben wir uns auf drei Traininingstermine pro Woche verständigt und konnten am Ende noch Friedrich Kaiser als Trainer gewinnen.
Erfreulicherweise haben wir dieses Pensum mit Unterstützung von Moritz Hesselmann, Henning Plumeyer und Florian Schmidt als Ersatzleute auch konsequent durchgezogen. Den Dreien hier auch nochmal herzlichen Dank!
Dies war tatsächlich eine schöne neue Erfahrung, die dazu geführt hat dass wir alle einzeln und als Mannschaft technisch einen großen Satz nach vorne gemacht haben - auch wenn Friedrich - und das nicht ganz unbegründet - zunächst davon ausging, dass wir für 2017 und nicht 2016 trainieren.
Schließlich war es soweit: Ansgar als erfahrener HOCR-Fahrer hatte Haus, Flug und Boot perfekt organisiert und wir flogen mittwochs nach Boston. Im Flieger haben wir dann noch Tom Ransley vom britischen Goldachter adoptiert, seine Goldmedaille mal halten dürfen und ihn mit Medaille bei seiner Unterkunft in Boston abgesetzt. Zu uns waren mittlerweile Deborah Kersten und Sven Steinberg vom Wolfsburger Ruder-Club gestossen, die im Mixed Doppelzweier starten wollten. Nachdem wir ordentlich Grillfleisch und Bier besorgt hatten, starteten wir Donnerstag früh zum Union Boat Club, wo ein wunderschönes Bootshaus von 1850 irgendwas mit einem 2008er Filippi auf uns wartete. Aufgeriggert, eingestellt und bei schönstem Wetter einmal die Strecke abgerudert, dann Bacon and Eggs und wieder los: der Wind hatte mittlerweile aufgefrischt und das Tagespensum von 36 Kilometern machte sich bemerkbar.
Aber dank Jetlag ging es auch am Freitag wieder früh raus, nur das Nachmittagstraining schien uns eher kontraproduktiv zu sein und wir wollten den Tag relaxt ausklingen lassen … wenn wir nur die Parkverbotsschilder richtig gelesen hätten - oder wenigstens das Nummernschild unseres Mietwagens gewusst hätten. Am Schlüssel hing auch kein entsprechender Zettel, was von der freundlichen Dame von der Abschleppbehörde mit einem ungläubigen „Are you positiv?“ hinterfragt wurde. Aber schließlich fanden wir gemeinsam über die Farbe des Wagens, die ungefähre Größenangabe und die Farbe des Nummernschilds heraus, wo er abgeholt werden konnte und der Abend war gerettet.
Am Samstag war Zwangspause auf dem Charles, da dies der erste Regattatag war. Wir sollten Sonntag starten und schauten uns bei leider regnerischem Wetter die Rennen und die Strecke vom Ufer aus an. Morgens vor dem Frühstück habe ich mir mit Stefan die Coxswain Clinic im nagelneuen Community Boatshouse angehört. Den Abend ließen wir dann auf Einladung unserer Geburtstagskinder André und Sven im Hard Rock Café ausklingen.
Am Regattamorgen war ich schon um vier wach und starrte auf die Wettervorhersagen und die Webcams. Es gab nämlich eine Sturmwarnung und unser Boot lag nicht am Ziel wie fast alle anderen sondern wir mussten vom Union Boat Club über das ungeschützte Becken des Charles zum Start. Nach einigem Hin und Her, mit Schaumkronen und sich verschlechternden Wetterprognosen und Einschätzungen der Locals kam Plan B zum Einsatz.
Danke Deborah, Sven, Brandon von WinTech, Concept2 und dem geduldigen Taxifahrer!
Auf Ansgars fleißiges Bemühen um ein Boot vor Ort hatten wir am Ende nämlich ein zweites: ein neuer Wintech-Vierer mit ebenso neuen Concept2-Skulls im windgeschützten Zielbereich. Problem war nur: wir waren am anderen Ende der Stadt, und Boot und Skulls waren weder eingestellt noch aufgeriggert. Und es waren mittlerweile nur noch anderthalb Stunden bis zum Start. Also ran ans Telefon, die Werte fürs Einstellen durchgegeben, ins Taxi gesprungen, die Startnummern im Bootshaus vergessen, mit dem Taxi wieder gewendet und mit dem neuen Boot ins Wasser an Donald-Trump-Klonen (Perücken) vorbei zum Start in allerletzter Minute.
Dann das Rennen, als Schlagmann hatte angekündigt uns langsam auf die 4,8 km Tour zu bringen, so 22, 24, 26 - aber nixda, die 29 stand sofort da und ging auch nicht mehr weg. Folgerichtig hatten uns die erfahrenen Linzer schnell eingeholt aber von da an hatten wir ein relativ ungestörtes Rennen. Zur stimmgewaltigen Unterstützung hatten sich mittlerweile auch Michael Bögle und sein Sohn Bennet zugesellt und sich für die Regatta strategisch am Ufer positioniert. Nur Stefans Ansagen aus dem Bug „Backbord über“ nervten irgendwann ziemlich. Erst im Ziel offenbarten sich uns die Ursachen: zum einem konnte André seit der ersten Rechtskurve wegen einer Muskelverletzung mit dem rechten Arm nicht mehr richtig ziehen und zum anderen stellten wir beim Abriggern fest, dass das Fußsteuer asymmetrisch ausschlug und steuern nach Steuerbord nahezu unmöglich war. "the big turn" zwischen Anderson- und Elliot Bridge liess sich so aber bestens rudern. Das sein Geburtstag an der Strecke auch nochmal angesagt wurde, war dann nur ein schwacher Trost. Wir haben ihn dann am Ziel gleich bei der Ambulanz abgegeben, aber zum Glück war es nichts Ernstes und er konnte am nächsten Tag den geplanten Urlaub antreten. Für den Rest von uns ging es nach einem kleinen Abstecher in die Innenstadt - na gut: in ein Einkaufszentrum - auch wieder pünktlich zurück nach Hamburg.
Sportlich konnten wir unser Ziel, in der ersten Hälfte zu landen als 28. von 33 nicht erfüllen. Da hätten wir wohl auch wirklich noch eine Trainingssaison mehr gebraucht. Aber in Anbetracht der Umstände war dies verzeihlich und für uns alle eine schöne, spannende und unvergessliche Erfahrung, nicht nur in Boston sondern auch in der Saison. Und das würde ich auch gerne wiederholen: sich am Anfang der Saison ein konkretes Ziel zu setzen und - am besten wieder mit Trainer - daran zu arbeiten. Was ich dann noch ergänzen würde, wäre zwischendurch etwas Regattaerfahrung zu sammeln.
Und darauf freue ich mich in der nächsten Saison mit der WSAP!
Andreas